Staats­thea­ter Augsburg

Ein Volks­feind

Schau­spiel von Hen­rik Ibsen

Dok­tor Stock­mann hat eine gro­ße Ent­de­ckung gemacht: Im Was­ser des Kur­ba­des – Grund­la­ge des wirt­schaft­li­chen Auf­schwungs der Klein­stadt – befin­den sich gesund­heits­ge­fähr­den­de Mikro­or­ga­nis­men. Stock­mann sieht sich in der Pflicht, die­sen Umwelt­skan­dal öffent­lich zu machen und muss sich die Fra­ge stel­len: Wie weit bin ich bereit, für mei­ne Über­zeu­gung zu gehen?

Ibsens »Ein Volks­feind«, geschrie­ben 1882, zeich­net einen poli­ti­schen Skan­dal nach. Sein gesell­schafts­kri­ti­sches Dra­ma han­delt von der Ver­ein­nah­mung der Wahr­heit durch die Poli­tik und die Mani­pu­la­ti­on der öffent­li­chen Meinung.

Büh­nen- & Kos­tüm­bild: Rosa Wall­bre­cher
Musik: Lili­jan Wawor­ka
Licht: Moritz Fet­tin­ger
Dra­ma­tur­gie: Mela­nie Pollmann
mit: Gerald Fied­ler, Juli­us Kuhn, Paul Lan­ge­mann, Klaus Mül­ler, Sarah Maria Grü­nig, Kat­ja Sie­der & Kai Windhövel
Fotos: Jan Fuhr
Pre­mie­re am 12. Novem­ber 2022 auf der brecht­büh­ne im Ofenhaus
»Ort­mann hat von Büh­ne und Kos­tüm (Rosa Wall­bre­cher) bis Text sau­ber durch­dacht, wie er mar­kiert, was hier herrscht. […] Ort­mann setzt die Figu­ren einer Stadt – vom Fabri­kan­ten und Umwelt­sün­der bis zum Jour­na­lis­ten ohne Rück­grat – wie in einer Fami­li­en­auf­stel­lung auf­ein­an­der an, unter Labor­be­din­gun­gen. Die Schach­fi­gu­ren ste­hen da, wech­seln schar­fe Bli­cke, Miss­trau­en liegt in der Luft wie die Seu­che im Was­ser, und mit dem Wind wen­det sich die öffent­li­che Mei­nung. […] Ort­mann besetzt die Haupt­rol­le nun um zur Figur einer allein­er­zie­hen­den Mut­ter – was sich gut gesellt zu Ibsens ›Nora‹ und all den ande­ren star­ken Frau­en­fi­gu­ren aus sei­nen Stü­cken. Der Geschlech­ter­tausch ist eine star­ke Neue­rung von vie­len, die sich Ort­mann herausnimmt.«
»[E]s steckt erstaun­lich, fast erschre­ckend viel Gegen­wart in Hen­rik Ibsens 140 Jah­re altem ›Der Volks­feind‹. So viel, dass David Ort­mann in sei­ner Insze­nie­rung an der Augs­bur­ger Brecht­büh­ne auf pla­ka­ti­ve Aktua­li­sie­rungs­krü­cken zum Glück (fast) ganz ver­zich­ten kann; statt­des­sen baut er ein sozia­les Expe­ri­ment auf, eine gesell­schaft­li­che Stu­die in einem fast ste­ri­len Büh­nen­bild und Schau­spie­lern in unde­fi­nier­ba­ren Anzü­gen wie aus einem 70er-Jah­re-Scie­ne-Fic­tion-Film. […] Die Kon­flik­te und Kämp­fe der Gegen­wart spie­geln sich offen­sicht­lich in David Ort­manns Ibsen-Inter­pre­ta­ti­on. Sie stellt vie­le Fra­gen, Ant­wor­ten, vor allem ein­fa­che, gibt sie nicht. Denn jede Figur, mag sie auch Iden­ti­fi­ka­ti­ons­an­ge­bot machen, zer­trüm­mert sie durch ihr Ver­hal­ten wie­der. Alle sind gebro­chen und wider­sprüch­lich, intri­gant, ego­is­tisch, oppor­tu­nis­tisch und, stets im ver­meint­li­chen Dienst der guten und rich­ti­gen Sache, gna­den­los. Alle, bis auf Petra Stock­mann, die Toch­ter von Dr. Stock­mann. Sarah Maria Grü­nig beob­ach­tet im Lui­sa-Neu­bau­er-Out­fit zuneh­mend fas­sungs- und sprach­los die Selbst­zer­stö­rung einer Welt, die die Älte­ren da gera­de anrich­ten, und sie hat als ein­zi­ge auch die Empa­thie des Betrach­ters, weil es ihre Zukunft ist, die da zer­stört wird.«
Berndt Herr­mann
Donau­ku­rier vom 17. Novem­ber 2022
»Das kommt auf der Büh­ne den­noch unauf­ge­la­den und leicht­fü­ßig daher. Dass Regis­seur David Ort­mann aus dem ›Volks­feind‹ kur­zer­hand eine ›Volks­fein­din‹ gemacht hat, ist mehr als ein Gag. Kat­ja Sie­der gelingt es, die kämp­fe­ri­sche Rebel­lin so über­zeu­gend radi­kal dar­zu­stel­len, dass asso­zia­ti­ve Par­al­le­len zu Gre­ta Thun­berg sich von selbst erge­ben. […] Der Furor im Ring ist jeden­falls eine rhe­to­ri­sche wie schau­spie­le­ri­sche Meis­ter­leis­tung von Kat­ja Sie­der. Zum Schluss wird die grü­ne Insel der Ärz­tin sozu­sa­gen unter den Füßen weg­ge­ris­sen und Was­ser rinnt auf die Büh­ne. Vor­bo­te der Sintflut?«