»[E]s steckt erstaunlich, fast erschreckend viel Gegenwart in Henrik Ibsens 140 Jahre altem ›Der Volksfeind‹. So viel, dass David Ortmann in seiner Inszenierung an der Augsburger Brechtbühne auf plakative Aktualisierungskrücken zum Glück (fast) ganz verzichten kann; stattdessen baut er ein soziales Experiment auf, eine gesellschaftliche Studie in einem fast sterilen Bühnenbild und Schauspielern in undefinierbaren Anzügen wie aus einem 70er-Jahre-Sciene-Fiction-Film. […] Die Konflikte und Kämpfe der Gegenwart spiegeln sich offensichtlich in David Ortmanns Ibsen-Interpretation. Sie stellt viele Fragen, Antworten, vor allem einfache, gibt sie nicht. Denn jede Figur, mag sie auch Identifikationsangebot machen, zertrümmert sie durch ihr Verhalten wieder. Alle sind gebrochen und widersprüchlich, intrigant, egoistisch, opportunistisch und, stets im vermeintlichen Dienst der guten und richtigen Sache, gnadenlos. Alle, bis auf Petra Stockmann, die Tochter von Dr. Stockmann. Sarah Maria Grünig beobachtet im Luisa-Neubauer-Outfit zunehmend fassungs- und sprachlos die Selbstzerstörung einer Welt, die die Älteren da gerade anrichten, und sie hat als einzige auch die Empathie des Betrachters, weil es ihre Zukunft ist, die da zerstört wird.«