Staats­thea­ter Augsburg

Ama­de­us

Thea­ter­stück von Peter Shaffer

Augs­burg im Jahr 2019. Begra­ben unter alten Kulis­sen­tei­len, Staub und Schmutz wird eine leben­di­ge Erin­ne­rung an Wolf­gang Ama­de­us Mozart geweckt, ein Zeit­zeu­ge der Jahr­hun­der­te: Anto­nio Sali­e­ri. Er zieht sein Publi­kum hin­ein ins 18. Jahr­hun­dert, nimmt es mit von Begeg­nung zu Begeg­nung der bei­den unglei­chen Kom­po­nis­ten: Hier jagt Mozart wie ein jun­ger Hund hin­ter sei­ner kor­sett­ge­schnür­ten Con­stan­ze her, dort bet­telt er beim musi­ka­lisch talent­frei­en Kai­ser um eine Stel­le und schreibt mit unzäh­li­gen genia­len Opern sei­nem immer teu­re­ren Lebens­stil hin­ter­her. Es ist ein Schau­spiel über die Gewalt, die beim Auf­ein­an­der­pral­len des auf­stre­ben­den Genies Mozart mit dem eta­blier­ten Flei­ßi­gen Sali­e­ri ent­stand, über ver­klemm­te Keusch­heit und klam­mern­de Macht. Peter Shaf­fers Stück wur­de 1979 in Lon­don urauf­führt und 1984 mit einem oscar­über­häuf­ten Film in der Regie von Miloš For­man berühmt, der iro­ni­scher­wei­se eine wah­re Renais­sance von Sali­e­ris Musik entfachte.

Shaf­fers Schau­spiel über den »hal­ben Augs­bur­ger« Wolf­gang Ama­de­us und den abwe­sen­den, aber als stei­ner­ner Gast unab­läs­sig beein­flus­sen­den Augs­bur­ger Leo­pold kommt nach fast 40 Jah­ren wie­der in die Mozart­stadt. David Ort­manns Insze­nie­rung im mar­ti­ni-Park pus­tet erfri­schend den Staub der Geschich­te hin­fort, ver­ar­bei­tet leben­dig heu­ti­ge Erkennt­nis­se über Mozart und lässt selbst­ver­ständ­lich auch Mozarts unsterb­li­che Musik erklingen.

Büh­nen­bild: Jür­gen Lier
Kos­tüm­bild: Ursu­la Bergmann
Dra­ma­tur­gie: Sabeth Braun
mit: Sebas­ti­an Baum­gart, Theo­do­re Gan­ger, Mar­le­ne Hoff­mann, Ana­tol Käbisch, Klaus Mül­ler, Sebas­ti­an Mül­ler-Stahl, Tho­mas Prazak & Kai Windhövel
Fotos: Jan Fuhr
Pre­mie­re am 16. Febru­ar 2019 im martini-Park
»Der schick­sal­haf­ten Begeg­nung zwi­schen dem Jahr­hun­dert-Kome­ten Mozart und dem fleisch­ge­wor­de­nen Mit­tel­maß des Hof­ka­pell­meis­ters Anto­nio Sali­e­ri stellt Regis­seur David Ort­mann am Staats­thea­ter Augs­burg einen zeit­na­hen Exkurs vor­aus: Eine Dra­ma­tur­gin ent­deckt irgend­wo in den Tie­fen des reno­vie­rungs­be­dürf­ti­gen Gro­ßen Hau­ses eine vom Zahn der Zeit reich­lich ange­fres­se­ne Guck­kas­ten­büh­ne […]. Die Büh­ne von Jür­gen Lier, eine Mischung aus mobi­lem Klet­ter­ge­rüst und kas­set­ten­ar­ti­gen Mini­büh­nen, sorgt für geschmei­di­ge Sze­nen­wech­sel, und die opu­len­ten Barock­kos­tü­me von Ursu­la Berg­mann füh­ren mit viel nost­al­gi­schem Thea­ter­zau­ber hin­ein in die Welt des aus­ge­hen­den 18. Jahr­hun­derts. Die Regie führt ihr Ensem­ble an der lan­gen Lei­ne und lässt viel Raum für pure Spiel­lust. […] Sie alle ersau­fen in Mozarts Musik, der Revo­lu­ti­on in sei­nem Hirn­kas­ten, die er nur noch aufs Papier brin­gen muss. Jubel und Fuß­ge­tram­pel schier ohne Ende.«
»Regis­seur David Ort­mann ist klug genug, sich für die Insze­nie­rung von Ama­de­us weit­ge­hend von dem bekann­ten Milos-For­man-Film zu lösen. […] Die Insze­nie­rung im Mar­ti­ni-Park ist ein gro­ßer, ver­gnüg­li­cher Thea­ter­abend mit Poten­zi­al zum Publikumsrenner.«
»Die Augs­bur­ger Insze­nie­rung von Peter Shaf­fers ›Ama­de­us‹ eman­zi­piert sich erfreu­li­cher­wei­se von dem domi­nan­ten Vor­bild und fin­det ihre ganz eige­ne Ästhe­tik. Den­noch bleibt sie – bei der Pre­mie­re viel und freund­lich beklatscht – eini­ges schul­dig. […] Das liegt nicht zuletzt dar­an, dass Shaf­fers Stück im Grun­de psy­cho­lo­gisch und intel­lek­tu­ell etwas dünn ist. Dass man sich in Augs­burg durch­aus von der Vor­la­ge ent­fernt, ändert dar­an wenig. […] Erst am Ende gewinnt der Abend, der all­zu lan­ge etwas bou­le­var­desk dahin­ge­plät­schert ist, Tie­fe und Über­zeu­gungs­kraft und ver­dient sich so (zu) spät den Applaus des Premierenpublikums.«
»Und gefreut hät­te [Mozart] wohl eben­so die phan­ta­sie­vol­le Respekt­lo­sig­keit die­ses gan­zen Schau­spiels und die hüb­sche Idee, ihn auch als einen schöp­fe­risch tan­zen­den Kom­po­nis­ten zu prä­sen­tie­ren. […] Aber war­um nur muss­te er den übri­gen Abend – wirk­lich oder im über­tra­ge­nen Sinn – per­ma­nent Pur­zel­bäu­me schla­gen, durch­dre­hen? Dazu infan­til, fäkal­ero­tisch, hor­mon­ge­trie­ben plap­pern? Ja, ja, er weiß schon, dass er g’spaßig und drol­lig sein konn­te, aber war er denn zehn Jah­re lang wirk­lich nur quä­lend durch­ge­knallt, eine Ulk­nu­del, ein ver­rück­tes Huhn? War das vom Regis­seur David Ort­mann im Büh­nen-Büh­nen­bild von Jür­gen Lier nicht all­zu über­dreht und outriert hin­ge­zim­mert – als unbe­glau­big­tes, fla­ches Hau­ruck-Thea­ter mit Blick auf Pos­se und Kli­schee? Wo blie­ben nur die Zwi­schen­tö­ne, Feinheiten?«