Anhal­ti­sches Thea­ter Dessau

Kas­par Häu­ser Meer

Eine wirk­li­che Komö­die von Feli­cia Zeller

Björn ist out, denn Björn ist Jugend­so­zi­al­ar­bei­ter. Nie­mand weiß, wann er wie­der arbeits­fä­hig sein wird, denn er schwamm wohl zu lan­ge im kal­ten Becken bun­des­deut­scher Sozi­al­staat­lich­kei­ten. Björn hat sie haut­nah erlebt, die arm­se­li­gen Sei­ten der rei­chen Repu­blik, die ver­wahr­los­ten und hun­gern­den Kin­der, die Kas­par Hau­sers von heu­te. Hat die über­for­der­ten Eltern erlebt, die nicht mehr mit­kön­nen mit dem flot­ten Schritt der Gesell­schaft, hat sie erlebt, die preu­ßisch kal­te Ver­wal­tung all­zu mensch­li­cher Kata­stro­phen, hat ihn erlebt, den all­jähr­li­chen Spar­drang und ist schließ­lich völ­lig erwar­tet zusam­men­ge­bro­chen. Denn wer könn­te eine solch präch­ti­ge Wel­le aus Gewalt, Igno­ranz und Hilf­lo­sig­keit unbe­scha­det über­ste­hen? Björn hin­ter­lässt gan­ze 104 Fäl­le, einen Hau­fen so wenig geord­ne­ter, wie gelös­ter Schick­sa­le. Und obwohl sei­ne drei Kol­le­gin­nen vom Amt, Bar­ba­ra, Sil­via und Anika bereits Tag und Nacht rotie­ren, heißt es nun, noch bes­ser sein und das Tem­po zu erhö­hen. Björns Fäl­le wer­den über Nacht zum tra­gi­ko­mi­schen Schick­sal der drei Sozi­al­front­kämp­fe­rin­nen. Sie wer­den also rasend schnell sein und doch zu spät kom­men, wer­den alles tun und doch zu wenig bewe­gen, ertrin­ken im büro­kra­ti­schen Sumpf und ihre eige­nen Kin­der ver­nach­läs­si­gen, um frem­den Kin­dern zu hel­fen. Trotz­dem machen die­se glor­rei­chen Drei wei­ter, lie­ben und has­sen ihren Job. Und wenn sie in einem atem­be­rau­ben­den Tem­po im Kreis wir­beln, sind sie dabei zum Lachen komisch und zum Wei­nen rüh­rend. Wer den All­tag eines Sozi­al­am­tes über­le­ben will, braucht mehr als Kraft, Mut und Witz. All das haben Bar­ba­ra, Sil­via und Anika, die­se drei wun­der­voll schrä­gen Schif­fe mit­ten auf dem end­lo­sen Meer eines schwer ange­schla­ge­nen Sys­tems. Und stei­gert sich die Ver­zweif­lung doch ein­mal ins Uner­mess­li­che, hilft immer noch ein kräf­ti­ger Schluck aus der Flasche! 
Büh­nen- & Kos­tüm­bild: Sil­via Maradea
Musik: Hans Rotman
Video: Ron­ny Traufeller
Dra­ma­tur­gie: Hol­ger Kuhla
mit: Eva-Mari­an­ne Ber­ger, Susan­ne Hes­sel & Regu­la Steiner-Tomić
Pre­mie­re am 11. Dezem­ber 2009 im Alten Thea­ter Dessau
»Der Zuschau­er erlebt eher tra­gi­sche, ja angst­ma­chen­de Situa­tio­nen der tota­len Über­for­de­rung. Dabei sind die drei andau­ernd in kör­per­li­cher, oft logisch nicht nach­voll­zieh­ba­rer Bewe­gung. Und sie reden stän­dig. Mit eigent­lich fas­zi­nie­ren­dem Tem­po – für sich eine bewun­derns­wer­te schau­spie­le­ri­sche Leistung.«
Hel­mut Rohm
Volks­stim­me vom 15. Dezem­ber 2009
»Vor den fra­gi­len Klän­gen der Büh­nen­mu­sik von Hans Rot­man zeich­net die Regie die­se Figu­ren mit kräf­ti­gen Stri­chen, steckt sie in strah­len­de Rüs­tun­gen und gedeck­te All­tags-Far­ben. Durch die phy­si­sche Anstren­gung des Spre­chens und Spie­lens aber, durch die Frei­übun­gen im Käfig ver­mei­det sie fal­sche Ges­ten der Betrof­fen­heit und Ein­füh­lung, die den bösen Witz in Feli­cia Zel­lers Text über­tün­chen wür­den. Ein umju­bel­ter Abend!«
Andre­as Hillger
Mit­tel­deut­sche Zei­tung vom 14. Dezem­ber 2009